Der Fotoband Tools of Disobedience präsentiert 185 Fotografien, die 2014 in den Haftanstalten der Romandie entstanden sind. Sie zeigen Gegenstände, die die Häftlinge insgeheim in ihren Zellen mit den einfachsten Mitteln angefertigt haben und die ihnen im Laufe ihrer Haft abgenommen wurden. Es sind meist funktionale Nachbildungen von Gegenständen, die wir, ausserhalb der Gefängnismauern, im Alltag verwenden. Sie zeugen von dem ausserordentlichen Geschick und Einfallsreichtum, die in diesem schwierigen, speziellen Rahmen mit seinen vielen Zwängen erforderlich sind: eingeschränktes Umfeld, billiges Material, fehlendes Werkzeug, Überwachung, aber auch die Notwendigkeit, diese Dinge zu verstecken. Das zugängliche Material wird umgestaltet, verbunden, zweckentfremdet und verliert seine ursprüngliche Funktion, sodass etwas Neues entsteht, ausgestattet mit neuen Eigenschaften: Häufig muten die Objekte schlichter und lebensnotwendiger an als ihre «normalen» Entsprechungen, häufig sind sie ganz anders, in jedem Fall aber immer funktional. Die Objekte wurden alle vor Ort und in der Art von Archivmaterial fotografiert. Durch die neutrale, künstliche Beleuchtung wirken sie ähnlich wie Industrieprodukte, die zu Werbezwecken inszeniert werden. In ihrer Hybridität bilden diese Gegenstände, Seite um Seite, eine Art visuelles Lexikon abwegiger und vertrauter, tiefgründiger und höchst subjektiver Formen.
Mit dem Text «Of Things and Men» von Didier Fassin.