Dämonen sind wandelbar und leben vom Kontext. Dieser auf antike Wesenheiten gemünzte Satz trifft auch den Kern der im vorliegenden Buch gezeigten Serie des Schweizer Künstlers Anton Bruhin: An die 170 Würfe rechnen mit dem, was das Auge in ihnen sieht. Sie zielen auf die Einbildungskraft – auf die Bilder, zu denen wir Seheindrücke ordnen. Sie spielen mit Mustern, die im Betrachter angelegt sind. Bruhins Dämonen verraten einen tiefen Sinn für das Wesen der Suggestion.
Wie aber käme ein heutiger Dämon daher? Ursprünglich jener freischwebende Geist, der Lebens- und kosmische Energien verkörpert, wurde er mit den Jahrhunderten ins Innere der Lebewesen verlegt, vor allem des Menschen, und mit dem Bösen assoziiert: Ein Ungeist, der in die Dinge schlüpft, um sie aufzupeitschen, ihnen Krankheiten und Übel anzuhängen, sie zu zerrütten und die Vernichtungskräfte des Schicksals auf sie zu lenken.
Bruhin scheint nun den Dämon auf spielerische Weise rehabilitieren zu wollen, indem er ihn als idealtypischen Bewohner der Postmoderne zeigt: furchterregend und witzig zugleich. Dass er als Gesicht kenntlich wird, erstaunt wenig. Bruhins Versuchsreihen, seien sie in ihrer Anlage noch so abstrakt, münden stets in vergnügliche Anschaulichkeit. Seine Pixelwesen kommen also trinkfest, ironiefähig, oft sogar gut gelaunt und mit Freude am Herzeigen ihrer Absonderlichkeiten daher. Je länger man zwischen ihnen hin und her springt, desto wundersamer verkörpert ihre Mimik Zustände zwischen sanfter Entrücktheit, Feixlust und spukhafter Raserei: blinzelnde Fettaugen auf der Ursuppe. Es sind Sonderfüssler und Unförmlinge darunter. Sicher, hier grinsen sie, lassen die Warzen spriessen, rülpsen und sind mit andersgelbem Schleim besprengt. Aber sie kokettieren nur mit dem Schrecken für den sie stehen – denn während sie ihn noch verbreiten, lachen sie auch schon über ihn. Sie scheinen um den Betrachter als Komplizen ihrer Verschmitztheit zu wissen. (Michel Mettler)