Nach der endgültigen Umstellung des analogen auf das digitale Fernsehen vor knapp drei Jahren, fielen Luca Schenardi bei der Benutzung des Teletexts – einem von ihm sehr geschätzten Medium – rätselhafte Satzkombinationen auf. Viele Teletext-Headlines diverser Fernsehsender waren nach diesem technischen Umbruch durcheinandergemischt und senderübergreifend, scheinbar zufällig neu zusammengesetzt worden. Anfang 2015 stiess er bei der Lektüre auf folgende Meldung: «In Dresden haben am Abend erneut Anhänger des ‹Pegida-Bündnisses› demonstriert. Nach Polizeiangaben waren etwa 17’000 Pegida-Aktivisten zur Semperoper gekommen. Meyer spricht von Gratiskaffee.» Das schien Schenardi definitiv dokumentierungswürdig und er begann, den Teletext diverser Kanäle täglich zu durchzuforsten und zu fotografieren. Von rauschhafter Sammelwut getrieben, transkribierte er die fehlerhaften Zeilen mit schwarzem Filzstift und Tusche in selbst gebastelte Hefte der Grösse A5 und versah sie mit skizzenhaften Illustrationen. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind zwanzig Hefte mit ungefähr achthundert Seiten entstanden.
Die naturgemäss ans Tagesgeschehen geknüpften Transkriptionen scheinen manchmal verblüffende Wahrheiten zu vermitteln, verstricken sich jedoch abermals in vollkommene Absurdität, so als versuchten sie, das von Krieg und Elend geprägte Weltgeschehen, getarnt als Newstickerphrasen, neu zu erzählen. Die Nähe zu den nicht minder absurden, jedoch ernst gemeinten, den Alltag überflutenden Zeitungsschlagzeilen – ob nun online oder analog – ist verblüffend. In Meyer spricht von Gratiskaffee lässt Schenardi die gezeichneten Worte wie als Wespen getarnte Schwebfliegen – die grossen Meister der Mimikry – in den Infotainment-Dschungel hinaus. Das Buch zeigt eine Auswahl aus diesem Werk.