In heute und danach wird die umfang- und variantenreiche Musikgeschichte der Schweiz der 1980er Jahre erstmals zusammengetragen und themenspezifisch dokumentiert. Die Musikstile und die involvierten Musiker:innen, die gesellschaftlichen Veränderungen, die Kunst- und Jugendszenen, die Städteentwicklungen in Sachen «Jugendkultur» sowie technische Errungenschaften und alternative Vertriebsformen liefern vielfältige Hintergründe, warum die 1980er zum prägendsten Stück Schweizer Kulturgeschichte wurden. In den 1980er Jahren fand der Umbruch statt, der von Teilen der Jugend selbst initiiert wurde und die Gesellschaft grundsätzlich verändern sollte. Der Begriff «Jugendkultur» wurde definiert und vollends in einem Gesellschaftsverständnis verankert. Schwerpunkt des Buchs bilden fünfzig ausgewählte Schlüsselfiguren aus der damaligen Schweizer Szene, darunter Stephan Pörtner, Thomas Ott, Stephan Eicher, Vera Kaa, Kuno Lauener, Muda Mathis, Franz Treichler und Suzanne Zahnd, die mittels spezifischer Interviews porträtiert werden. Sechs umfassende, aufwändig recherchierte Metatexte und eine vollständige Diskografie bieten die kontextuellen Folien dazu.
Ein sechsköpfiges Redaktionsteam — zusammengestellt aus den Regionen Bern, Basel, Zürich und der Westschweiz — sowie ein Dutzend Autorinnen und Autoren sind in das Buchprojekt involviert ; alle Beteiligten sind ausgewiesene Kenner der Musik- und Kulturszene. Aus der mehrjährigen Recherchearbeit resultierte ein fulminanter Überblick über die verblüffenden Pionierwerke aus dieser kulturhistorisch «verloren gegangenen» und nur fragmentarisch dokumentierten Schweizer Musik-, Gestaltungs-, und Szenen-Geschichte.
heute und danach ist das Nachfolgeprojekt von Hot Love, dem bereits in zweiter Auflage vorliegenden Buch zur Punk-Bewegung in der Schweiz (Edition Patrick Frey, Nº 68).
«Wer etwas auf sich hielt, verkehrte in illegalen Bars oder betrieb eine, darum schossen sie wie Pilze aus dem Boden. Oder in den Boden. Die wenigsten hatten Namen. Es gab die Daktari-Bar und die Spielbar, aber die meisten hiessen so wie die Strasse, an der sie lagen : Klingenbar, Hohlbar, Zweierbar. Wobei sich an der Zweierstrasse zeitweilig drei verschiedene Zweierbars befanden, was zu Verwirrungen führen konnte. Wer nicht wusste, wo sich das gesuchte Lokal befand, spähte daher einfach nach auffälligen Ansammlungen von Velos vor unauffälligen Häusern oder in Hinterhöfen.» (Stephan Pörtner)
«Kein Wunder also, dass wir auch freizügig mit unserer Sexualität umgingen, weil man gewissermassen stets mehrere zumeist gut aussehende Personen gleichzeitig war. Sex war Anfang der Achtziger immer noch DIE Geheimwaffe im Kampf gegen Spiesser, Eltern, Arbeitgeber und wen es da sonst noch gab, der versuchte, unserer freudvollen Zeit- und Selbstverschwendung im Wege zu stehen. Und da uns Androgynität schon rein ästhetisch besonders gut gefiel, befanden sich bald auch die Aktien der Kategorien Männlein/Weiblein im freien Fall. Ich vermute, ich machte mir zum ersten Mal Gedanken über meine sexuelle Ausrichtung, als ich Ende der Achtziger schwanger wurde.» (Suzanne Zahnd)
Schönste Schweizer Bücher, 2012