Auf den ersten Blick ist es ein Spektakel aus leuchtenden Farben und grellem Licht auf extravagant geschmückten Lastwagen. Dekotora – kurz für «deko torakku» («dekorierter Truck») – wird von der japanischen Mainstream-Gesellschaft oft als etwas für «Bad Boys»abgetan. Doch unter der grellen Oberfläche verbirgt sich eine Welt voller Geheimnisse und Poesie.
Dekotora kam Ende der 1960er-Jahre erstmals in Mode, ursprünglich als Form mobiler Werbung: Ein LKW, der beispielsweise Fisch aus Hokkaidō transportierte, trug ein traditionelles Gemälde, das seine Ladung und deren Herkunft zeigte. Heute, aufgrund von Vorschriften, die diese Art der Dekoration verbieten – auch wegen des zweifelhaften Rufs der Szene – werden solche Trucks nur noch von wenigen kleinen Unternehmen genutzt, etwa für den Transport von Blumen oder Fisch.
Auch wenn die Gemeinschaft auf den ersten Blick exklusiv wirkt, veranstalten ihre Mitglieder regelmässig öffentliche Events, bei denen sie stolz ihre rollenden Kunstwerke präsentieren. Viele dieser Veranstaltungen dienen wohltätigen Zwecken, etwa zur Unterstützung der Opfer des Erdbebens von 2011, von denen viele bis heute unter den Folgen leiden.
In einem Gespräch mit dem Experten für japanische Popkultur, Kyoichi Tsuzuki, gewann ich ein tieferes Verständnis für die kulturelle Bedeutung von Dekotora. Hinter der grellen Fassade spiegelt sich eine traditionelle japanische Ästhetik wider: Wie Japans kunstvoll verzierte Leichenwagen, Gräber, Tempel oder die heiligen Mikoshi-Palankine aus den Shintō-Festivals zeigen auch die Dekotora eine tief verwurzelte Vorliebe für üppige Verzierungen – besonders in den ländlichen und vorstädtischen Regionen des Landes. Es ist ein kulturelles Echo der Vergangenheit, Erinnerungen an Kindheitstage, die beim Anblick dieser grellen Kolosse auf den Autobahnen oder in ikonischen Filmen wieder aufleben.