Wenn im Herbst das schönste Vieh der Appenzeller Dörfer gekürt wird, steigt Rauch über dem Festgelände auf. Kinder, oft noch mitten im einstelligen Alter, paffen an diesem Tag ungeniert «Krumme» oder «Stumpen», prägende Vertreterinnen der Schweizer Tabakkultur. Sie tun dies nicht im Geheimen oder als Rebellion, sondern inmitten der Dorfgemeinschaft, die den Akt nicht nur duldet, sondern selbst hervorbringt. Um das Kind zu würdigen, das früh Teil der landwirtschaftlichen Arbeit und Verantwortung wird.
Mit der Arbeit Smoke nähert sich der Künstler Kris Lüdi dem Brauch aus persönlicher Erinnerung. Als Kind verbrachte Lüdi die Sommer bei seinen Grosseltern im Appenzell und begegnete den Kindern der Region mit dem eingeschüchterten Blick eines aussenstehenden Gleichaltrigen. Ihre nonchalante, mitten im Leben stehende Art vermittelte eine Sinnhaftigkeit, die nachhallte und mit Smoke ihre verzögerte Reaktion formuliert.
Das Ergebnis ist eine Reflexion über die progressiven und konservativen Kräfte der Gegenwart, über lokale Gepflogenheiten, kulturelle Praktiken
und ihre Verortung zwischen Tradition und Moderne. Smoke begibt sich in das Innerste der Schweiz. Die folkloristische Tradition ist Anlass für eine fotografische Beobachtung, die Realität dokumentiert, sich aber nicht als Dokumentation begreift. Stattdessen schaffen die Porträts rauchender Kinder einen Resonanzraum, der weit über die Kantonsgrenzen hinausragt.