Die Grundlage der Pastellstift-Porträts in The Conspirators der englischen Künstlerin Dawn Mellor bilden sieben Monologe von sieben Frauen verschiedenen Alters und Herkunft. Sibylle Berg beschreibt in ihrem kongenialen Text mit beissend schwarzem Humor Frauen, die sich selbst erniedrigen und selbst zerstören. Sie heissen allesamt «Judith», sind stark überzeichnete Charaktere und verweisen auf das biblische Motiv der aufreizenden Judith, die Holofernes verführte und schliesslich enthauptete.
Mellors Bilder, die alle 2010 für dieses Buch entstanden sind, handeln von wahnhaften Obsessionen und Projektionen eines Stalkers, eines ehemaligen Liebhabers oder eines Familienmitglieds. Dabei schlüpft die Künstlerin in die Rolle des perversen Fans und schafft neue Erzählungen und neue Ikonografien für ihre «objets du désir». Als Ausgangsbilder dienen ihr Filmstar- bis hin zu D-Promi-Fotografien, die in ihren Porträts zu grotesken Zombies, abgefrackten Goth-Punks oder zwielichtigen Heiligenfiguren mutieren. Trotz der drastischen Darstellungsform entsteht ein absurd komisches Gruselkabinett. Runzlige Hälse, hängende Brüste und schwitzende Achselhöhlen werden eingezoomt und, in Anlehnung an britische Celebrity-Magazine wie Ok! und Hello, im Stile der Infografik fast schon modellhaft übersteigert. Bleistiftzeichnungen erinnern an die abgründigen Traumwelten eines Hieronymus Bosch und suggerieren Bedrohung und Verschwörung. Zwei Künstlerinnen, zwei Stimmen; der Text und die Bilder bleiben in sich geschlossen, stimulieren sich aber wechselseitig.