Seit den frühen 1970er Jahren begleitet Billy Sullivan mit seiner Kamera die Underground-, Kunst- und Modeszene New Yorks und verwendet die dabei entstandenen Fotografien als Vorlage für Ölbilder, Pastellzeichnungen oder aufwendige, mehrteilige Diainstallationen. Sullivan zeigt seine Freund:innen, Familie, Liebhaber und Musen und die (Halb-) Welten, in denen sie sich bewegen: Clubs, Ateliers, zerwühlte Hotelzimmer oder elegante Strandhäuser. In Sullivans Bilderwelt, die jegliche chronologische Zeitordnung ignoriert, sind sich Underground, kulturelle Elite oder High Society wie auch Oberfläche und Abgrund stets sehr nahe, und immer auch jugendliche Lust und Vergänglichkeit. In diesem Buch zeigt Sullivan seine Fotografien, Gemälde und Zeichnungen, den Dialog zwischen Kamera und Pinsel, der sein Werk kennzeichnet.
Sullivans Bilder sind intim, sinnlich und genau beobachtet. Vierzig Jahre alte fotografische Momente wirken in Sullivans Malerei von heute, als wären sie gestern geschehen und entziehen sich der Vergänglichkeit. Sie sind ungebrochen existenziell, in ihrer genauen Beobachtung beiläufiger Schönheit, des Begehren und der Liebe in all ihren Facetten – zwischen Familienmitgliedern, Liebhabern, flüchtigen Bekanntschaften einer Nacht und seelenverwandten Künstler:innen.
Sullivan schafft es dabei ganz ohne Schockmomente, Voyeurismus, Ironie oder überhöhte Melancholie auszukommen. Der Schlüssel liegt in der Aufrichtigkeit, mit der Sullivan seinen Sujets begegnet und die sie erwidern. Billy Sullivan stellt Augenblicke kommentarlos und wertungsfrei nebeneinander. Sie fügen sich zu einer visuellen Autobiografie, die zugleich Chronik einer New Yorker Bohème ist.
Schönste Schweizer Bücher, 2016