Greetings from Auschwitz ist ein Buch, basierend auf einer ungewöhnlichen Sammlung, die der polnische Künstler und Kurator Paweł Szypulski während mehrerer Jahre zusammentrug. Sie umfasst Postkarten von Touristen, die das Nazitodeslager Auschwitz-Birkenau besuchten. Die ältesten Postkarten stammen aus dem Jahr 1947 – nur zwei Jahre nach der Befreiung des Lagers.
Fast alle Postkarten, die in Greetings from Auschwitz reproduziert sind, waren einst im Umlauf, wurden an Familien, Freund:innen und Bekannte versandt. Auf einer schrieb ein Mann «Grüsse aus Auschwitz» und fügte als Postscriptum zu: «Alles ist bestens, ich vermisse nur dich und die Sonne.» Auf der Vorderseite ist ein Panorama von Auschwitz mit Krematoriumsschornsteinen und Lagereingang zu sehen. Auf einer anderen steht «Warme Grüsse aus Auschwitz mit einer Sommerbrise von deiner Schwester Czéska». Das Bild zeigt Block 11, den sogenannten Todesblock. Solche Postkarten werden noch heute an Tourist:innen in Auschwitz verkauft.
Eines der grossen Themen von Kunst mit Holocaust- Bezug ist das Schweigen. Und entscheidend ist immer die Frage der Angemessenheit. Die Postkarten, die Paweł Szypulski sammelte, schlagen ein radikal anderes – geschwätziges und unangemessenes – Narrativ vor. Sein Buch thematisiert eine gesellschaftliche Erinnerung des Holocausts, die sich radikal unterscheidet von der Erinnerung, die in Hochkultur und wissenschaftlichem Diskurs gegenwärtig ist. Greetings from Auschwitz ist ein provozierender Bildessay über das Unvermögen von Sprache und Bild, mit dem sozialen Trauma umzugehen, das eine der grössten Katastrophen der Menschheitsgeschichte verursacht hat. (Pawel Szypulski)