Im April 2013 begaben sich die Fotografen Nico Krebs und Taiyo Onorato – sie arbeiten seit zwölf Jahren zusammen – in einem Toyota Landcruiser Jahrgang 87 auf eine Reise in Richtung Osten. Die ungefähre Route war mit dem Finger auf der Landkarte abgefahren, ebenso der erhoffte Endpunkt der Reise bestimmt: Ulaanbataar, Hauptstadt der Mongolei. Eine richtige Expeditionsreise: ein Aufbruch ins mystische Reich des Ostens, Eurasia, Zentralasien, die Ausläufer des Himalajas, die Wälder Sibiriens, die Stan-Republiken, die gigantische Weite der ehemaligen Sowjetunion. Ein riesiger Kontinent, eine Landmasse, von der nur sehr wenige Bilder in unseren Köpfen verankert sind, zumindest keine klaren, definierten, eher ein Nebel aus Historie und Weltpolitik. Krebs und Onorato begaben sich auf die Suche nach diesen Bildern, sie wollten sie reproduzieren, sie selbst kreieren.
Continental Drift ist ein Trip entlang der Grenzen der Dokumentation und Fiktion eines unbekannten Terrains und seiner möglichen Vergangenheit und spekulativen Zukunft. Zentral waren die Momente des absolut Fremden, Unzugänglichen, Bizarren gepaart mit einer beeindruckenden Offenheit und Gastfreundschaft, die sie noch nie so ausschweifend erleben durften und in spürbarem Gegensatz zu ihrer letzten Reise durch die Vereinigten Staaten steht (The Great Unreal, bereits in dritter Auflage in der Edition Patrick Frey erschienen).
Viele der durchquerten Länder und Regionen befinden sich in einem Wandel: Irgendwo zwischen Jahrtausend alter Tradition und Historie, post-kommunistischer Standortbestimmung, religiösen, territorialen, ethnischen Wirren und dem dringenden Wunsch nach Anschluss an den globalen Turbokapitalismus – die Suche nach Identität ist spürbar. Diese Suche und auch Verwirrung widerspiegeln sich in Continental Drift.
Schönste Schweizer Bücher, 2017