PRIMAL ist ein Bilderzyklus von über 1200 Werbeplakat-Nahaufnahmen der Künstlerin Anna Stüdeli. Das vorliegende Artist Book gibt nun erstmals Einblick in dieses Archiv und versammelt eine Auswahl von rund 120 dieser in Zürich aufgenommenen Fotografien. In der Auseinandersetzung mit Bildproduktion, -reproduktion und -distributionslogiken unternimmt Stüdeli mit PRIMAL eine Reflexion über die Oberflächen westlicher Werbeästhetik. Die Werbeindustrie reproduziert stetig die immer gleichen visuellen Tropen und vermittelt so die Vorstellung eines eingeebneten Gesellschaftsbegriffs, der von Klischees sexueller Stereotypen, der Objektivierung des, meist weiblichen, Körpers oder der kommodifizierten Sexualisierung von Essen geprägt ist. Die Makroaufnahmen der Künstlerin legen den Fokus auf Details, die Konventionen werberischer Verführung unterlaufen und ein Wechselspiel von Dekonstruktion und Redefinition normativ-patriarchaler Vorstellungen zum Ziel haben. Gleichzeitig entwickeln die hyperrealen Plakatoriginale bei näherer Betrachtung eine ungeahnte Körperlichkeit und eine damit verbundene Morbidität. Wie die leeren Werbeversprechen scheinen die hochauflösenden Details den Zerfall der gezeigten Körper zu dokumentieren und vorwegzunehmen. Es ist, als würde man in den Pixel und Raster-Tiefen der Körperfalten und -wülste den Abgebildeten beim langsamen Sterben zusehen. In diesem Spannungsfeld nähern sich Ekel und Verlangen. PRIMAL sei eine «Hommage an die Lust», die eine breitere, ganzheitliche Vorstellung von Begehren artikulieren möchte – ohne Klassifizierungen und Hierarchien –, so die Künstlerin. Die fotografische Appropriation von Werbeplakaten als Akt der Neurahmung – und darüber schwebt die Frage nach der Rolle der Fotografie in den scheinbar unendlichen Bilderfluten zunehmender Digitalisierung.