Im Jahre 1889 wurde der in Leipzig geborene Gärtner und Botaniker Georg August Zenker Leiter der Forschungsstation Jaunde der deutschen Kolonie Kamerun. Nach sechsjähriger Amtszeit wurde Zenker überraschend von seiner Position entlassen. Tatsächlich soll er auf der Station in Polygamie mit mehreren afrikanischen Frauen gelebt haben und aus diesen Beziehungen sollen auch Kinder hervorgegangen sein. Zenker verließ Kamerun daraufhin, kehrte aber bald als Privatmann zurück. Er liess sich mit seiner Familie (einer Frau aus Dahomé und fünf Kindern) tief im kamerunischen Dschungel gelegenen Bipindi nieder, wo er sich den Bipindihof errichten liess; ein Haus im deutschen Kolonialstil und grossflächige Plantagen für den Anbau von Kakao, Kautschuk und Bananen. Den Grossteil seines Einkommens erwirtschaftete Zenker als Sammler zahlreicher Pflanzen- und Tierbelege sowie ethnologischer Objekte für deutsche Museen. Zenkers Handeln und Denken war auf der einen Seite stark geprägt von kolonialem Denken. Er zeigte aber auch immer wieder Momente, in denen er sich den kolonialen und militaristischen Praktiken seiner Vorgesetzten und Landsleute widersetzte.
Er starb 1922 und liegt auf dem Bipindihof begraben. Zenkers Nachfahren leben heute weit verteilt in Kamerun und Europa, beziehen sich in grossen Teilen aber noch immer auf den inzwischen stark verfallenen Bipindihof als den Ursprungsort ihrer Familie. Für ihr Projekt reisten die Fotograf:innen Yana Wernicke und Jonas Feige mehrfach in die heutige Republik Kamerun, um den Spuren Zenkers nachzugehen und dessen Nachfahren zu portraitieren.
Schönste Schweizer Bücher, 2021