Vom Post-Imperium zum neuen Reich der Mitte: was einst Amerika, ist heute China. Der Schweizer Fotograf Christian Lutz begibt sich nach seinem Projekt Insert Coins (2016), das sich dem Verfall von Las Vegas widmete, in die chinesische Sonderwirtschaftszone Macao. Auch in The Pearl River dreht sich wieder alles um Geld, Luxus, Oberflächen. Die Liberalisierung des Glückspiels zu Beginn der 2000er-Jahre markierte den Aufstieg der einstigen portugiesischen Kolonie. Es folgten: generisch-algorithmisch entworfene Monumentalbauten nach dem Vorbild von Venedig und Paris, ausgekleidet mit Marmor und Gold, sowie jährlich 30 Millionen – mehrheitlich chinesische – Touristen. Im regulierten Mikroklima der Spielhallen, Boutiquen und Bars bewegen sich die üblichen Geschäftsmänner und Politiker:innen in schlecht sitzenden Anzügen und chinesische Aufsteigerfamilien in Sweatpants und Flip Flops.
Alles ist aseptisch, staubfrei. Alles verweist auf Europa und auf Amerika. Ausgehöhlter als in Las Vegas sind die architektonischen Versatzstücke – Simulation der Simulation. Lutz’ fotografischer Blick tastet lakonisch und insistierend zugleich die glatten Oberflächen dieser schönen neuen Welt ab. Dabei machen sich erste Risse bemerkbar.