Seit drei Jahren fotografieren Rico Scagliola und Michael Meier unbemerkt Menschen jeglicher Herkunft und jeden Alters im öffentlichen und halböffentlichen Raum von Städten – auf der Strasse und auf Plätzen, in Cafés und Bars, in Bahnhöfen und Flughäfen, in Geschäften und Einkaufszentren. In der Tradition der subjektiven Street Photography untersuchen sie Alltagsriten und Selbstdarstellungsstrategien und beobachten, wie sich die Grenze zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre durch die Verbreitung neuer Medien zusehends verwischt. Dabei wird offenkundig, wie Menschen westlicher Prägung, weitgehend befreit von grossen Ideologien und starren sozialen Normen, sich als eigenständiges Selbst zu beweisen versuchen, dabei aber immer wieder vom alles absorbierenden Mainstream eingeholt werden. Diese Überforderung durch den Willen zur Individualität wird verstärkt durch die sich überall angleichende, kommerziell optimierte Architektur urbaner Zentren mit ihrem Versprechen von Transparenz und Stabilität. Die/der Einzelne kann sich der städteplanerischen Kontrolle und Steuerung nur schwer entziehen.
An die Seite der Bilder treten Texte mit Gesprächsfragmenten – auf der Strasse gehört, aus Gesprächen mit Freunden, aus Monologen auf Youtube-Kanälen. Mit ihren Schilderungen banaler Alltagserlebnisse lassen sie die Leser:innen eintauchen in einen (main)stream of consciousness.
Die Bilder und Texte fügen sich zu einer transnationalen gesellschaftlichen Gesamtschau, einer losen Folge von Sittengemälden – einer comédie humaine der Gegenwart.