Bob Steffen war der schillernde Star unter den Schaufensterdekorateuren im miefigen Bern der Nachkriegszeit. Seine überbordenden Environments für Pelz, Stoff und Lingerie waren ebenso Stadtgespräch wie der schwule bon vivant, Weltenbummler und Nonkonformist selbst. Aus einfachsten Verhältnissen stammend schlief er sich als Edelstricher / Nacktmodell empor in den Jetset der schwulen beau monde und mauserte sich zum erfolgreichen Dekorationsgestalter, der bis ins hohe Alter im Zentrum der Berner Bohème stand. Flamboyant und schamlos promisk lebte er nach seinen eigenen Regeln und scherte sich einen Deut um die Normen der bürgerlichen Gesellschaft, genau so wie er sich als Schaufenstergestalter um das Richtmass des «guten Geschmacks» foutierte.
Bob Steffen (1928 – 2012) hinterliess einen reichen Nachlass an Bildern, in den Art Décor eintaucht, um kaleidoskopisch Facetten seines Lebens aufzuzeigen. Es lässt die vergessene Kunst der Schaufensterdekoration wieder lebendig werden, schwelgt in der Welt der Künstlermaskenbälle der 1950er- und 1960er-Jahre, folgt Bob auf seinen Reisen durch die Welt.
Die Portraits des geborenen Poseurs werden zum Ausgangspunkt von Reflektionen über die Wesen der Pose, seine Affäre mit einem schwarzen amerikanischen Balletttänzer führt zur bemerkenswerten Geschichte afroamerikanischer Tanzkompagnien in Europa vor und nach dem 2. Weltkrieg. Interviews und Collagen von Gesprächsausschnitten zeichnen Steffens Leben nach. Art Décor ist ein Potpourri so üppig wie Steffens Schaufenster.
Schönste Schweizer Bücher, 2017